Was uns antreibt – Und warum wir das nicht immer merken

Was uns antreibt - Und warum wir das nicht immer merken

Es gibt Dinge, die wir wie selbstverständlich tun. Und andere, die wir nie tun würden. Manches passiert uns immer wieder, anderes passiert uns nie. Wie wir die Welt betrachten, was wir empfinden und denken, was wir wollen und nicht wollen, all das scheint in uns angelegt zu sein, und selbst wenn wir versuchen, etwas zu verändern, so wirklich gut gelingt uns das meist nicht. Und wenn wir ehrlich sind, so wirklich soll sich aus unserer Sicht doch auch gar nichts ändern. Ist doch normal so zu reagieren, zu handeln, zu denken – oder?

 

Die Seelenmatrix – Unser seelisches Energiemuster

Wie Ihr wisst (oder es spätestens jetzt erfährt) beschäftige ich mich seit über zehn Jahren intensiv mit den Archetypen der Seele® (siehe: Hasselmann/Schmolke, Archetypen der Seele, Goldmann Verlag 2010) und der seelischen Energiestruktur, der Seelenmatrix. In unserer Seelenmatrix steckt nicht nur jede Menge Potenzial, das wir in dieses Leben mitbringen, sondern auch eine ordentliche Portion Entfaltungsmöglichkeiten. Denn für unsere Seele gibt es vor allem einen wesentlichen Grund, weshalb wir hier sind: um zu wachsen und uns zu entwickeln. Und das geht nun mal am besten, wenn wir immer wieder an unsere Grenzen kommen, mit Herausforderungen konfrontiert werden, und in intensiven Kontakt mit unseren Ängsten kommen. So gewinnen wir neue Erkenntnisse, besonders über uns selbst.

In unserem archetypischen Seelenmuster finden wir Informationen darüber, wie wir am kraftvollsten unsere Energie einsetzen, was das Entwicklungsziel unserer Seele in diesem Leben ist, wie wir auf Ereignisse reagieren, und warum wir mit manchen Menschen besser und mit anderen weniger gut klar kommen. Und damit der Kontakt mit den eigenen Ängsten auch garantiert ist, sind auch zwei seelische Urängste Teil unserer Seelenmatrix.

 

Die seelische Grundangst

Die seelische Grundangst unterscheidet sich von jenen Ängsten, die wir oft recht einfach im Alltag beobachten können, wie zum Beispiel die Angst vor Höhen, vor Spinnen oder davor, vor einer größeren Gruppe von Menschen zu sprechen. Sie verbirgt sich tief in unserem Unbewussten. Was wir im Alltag beobachten können, ist nur die Spitze des Eisbergs. Die Grundangst, die die Basis für unsere bewussten Ängste bildet, bleibt im Verborgenen. Sie wirkt nicht nur auf unser Denken und Handeln. Sie bestimmt wesentlich mit, wie wir die Welt sehen. Und sie steuert uns völlig unbemerkt. Selbst wenn wir sie entdecken, werden wir uns ihrem Einfluss nie völlig entziehen können. Wir erleben diese essenziellen Grundängste in der Regel weder als hinderlich noch als störend. Sie sind uns mit ihren Auswirkungen auf uns und unser Leben so vertraut, dass wir sie nicht als Angst erkennen und auch nie so bezeichnen würden. Im Gegenteil. Viele Handlungen und Ansichten, die auf diesen Grundängsten basieren, empfinden wir als logisch und normal. Daher wundern wir uns immer wieder über andere Menschen, die sich aufgrund eines anderen Grundangstfundaments völlig anders verhalten, ganz andere Bedürfnisse haben und Prioritäten anders setzen.

 

Die 7 seelischen Urängste

Was für uns normal ist, ist für andere also nicht immer ganz so normal. Insofern lohnt sich ein genauerer Blick auf die eigene Angststruktur, denn zu diesem „normal“ gehören oft auch eine ganze Reihe von Denk- und Verhaltensweisen, die uns alles andere als gut tun, uns das Leben oft schwerer machen, als es sein müsste, und uns an der Entfaltung unseres Potenzials hindern. So gut sie sich manchmal auch verstecken mögen, beobachten und bewusst machen können wir sie uns trotzdem. Wenn wir wissen, wonach wir Ausschau halten müssen, ist es einfacher, ihre Auswirkungen auf uns und unser Leben zu erkennen. Sehen wir daher einmal genauer hin, welche seelischen Urängste es gibt.

1) Selbstverleugnung – Die Angst vor Unzulänglichkeit

Diese Angst drückt sich häufig durch besondere Schüchternheit, Bescheidenheit und Zurückhaltung aus. Menschen mit dieser Angst halten sich lieber im Hintergrund.  Diese Angst suggeriert, den Anforderungen nicht gewachsen. Sie drückt sich z. B. häufig in großer Angst vor Prüfungen aus. Ein häufiger Gedanke ist: „Ich kann das nicht.“ Daher sind Menschen mit diesem Angstmerkmal oft besonders fleißig, ehrgeizig und perfektionistisch, um sich selbst und der Umwelt das Gegenteil zu beweisen. Spricht man ihnen Lob aus, ist ihnen das sehr unangenehm und peinlich.

2) Selbstsabotage – Die Angst vor Lebendigkeit

Warum hat man Angst vor Lebendigkeit? Weil sie scheinbar gefährlich ist, denn Freude und Lebendigkeit sind, wie wir wissen, kein Dauerzustand und der Fall danach oft umso tiefer. Darum also erst besser gar nicht zu viel freudige Stimmung aufkommen lassen. Menschen mit dieser Angst haben eine eher pessimistische Grundhaltung dem Leben gegenüber. Tatsächlich passieren ihnen auch immer wieder Dinge, die ihre Freude trüben (z. B. Unfälle und Erkrankungen im Urlaub). Der Einfallsreichtum dieser Angst kreiert eine breite Palette an Dingen, die schiefgehen können. Ein typischer Satz dieser Angst ist: „Egal, was ich  mache, es geht schief.“

3) Märtyrertum – Die Angst vor Wertlosigkeit

Menschen mit diesem Angstmerkmal kämpfen darum, ihren eigenen Wert zu beweisen. Die Angst redet ihnen ein, wertlos zu sein, darum müssen sie sich ihren Wert durch ständiges Tun für andere verdienen. „Wer nichts leistet, ist nichts wert“, lautet ihre Grundüberzeugung. Sie bieten ihre Hilfe für allerlei Tätigkeiten an und übernehmen Aufgaben oft auch ungefragt. Wenn etwas schiefläuft, fühlen sie sich sofort schuldig (oft sogar, wenn sie damit gar nichts zu tun haben), und sie erleben es immer wieder, zum Sündenbock gemacht zu werden.

4) Starrsinn – Die Angst vor Unberechenbarem

Diese Angst drückt sich in einem besonders starken Bedürfnis nach Sicherheit und Gewissheit aus. Das Leben soll möglichst kontrollierbar und berechenbar sein, spontane und überraschende Ereignisse werden als unangenehm empfunden. Menschen mit diesem Angstmerkmal lieben es zu planen und vorausschauend zu denken, wobei sie damit oft übertreiben und versuchen, Ereignisse zu kontrollieren, die einfach nicht kontrollierbar sind. Ein typsicher Satz lautet: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Passiert dann doch etwas Unvorhergesehenes, versuchen Menschen mit dieser Angst die Dinge möglichst schnell wieder unter Kontrolle zu bringen.

5) Gier – Die Angst vor Mangel

„Genug ist nicht genug“, lautet hier das Motto. Bei dieser Angst besteht ein Ungleichgewicht im Geben und Nehmen. Die Angst suggeriert, dass nicht genug da sei und daher viel, meist zu viel, von allem genommen werden muss. Ein grundlegendes (unbewusstes) Gefühl der Unerfülltheit, die sich nicht nur auf Nahrung, sondern auch auf andere Lebensbereiche wie Geld, Erfolg, Partnerschaft, Liebe, Sport, Wissen etc. beziehen kann, treibt dazu an, bei allem nach mehr zu gieren. Und was man einmal hat, wird ungern wieder hergegeben. Eine besondere Form dieser Angst ist die Askese: Denn wer nichts hat, kann auch nichts verlieren.

6) Hochmut – Die Angst vor Verletzung

Diese Angst macht besonders feinfühlig und (über-)sensibel. Ein falsches Wort, ein schiefer Blick, zu laute Geräusche, unangenehme Gerüche oder ein drohender Konflikt: Vieles kann als tiefe Verletzung empfunden werden. Die hohe Sensibilität wird häufig hinter einer Maske der Arroganz und des Stolzes verborgen. Verletzung durch andere wird auch vermieden, indem diese Menschen andere eher auf Distanz halten, und oft gerne alleine sind und leben. Werden sie von jemandem verletzt, vergessen sie das ihr ganzes Leben nicht und rächen sich unter Umständen zu einem späteren Zeitpunkt auch dafür.  

7) Ungeduld – Die Angst vor Versäumnis

„Dafür habe ich keine Zeit.“ Ist wohl einer der häufigsten Sätze dieser Angst. Sie äußert sich in rastlosem Tun und übertriebener Effizienz. So soll gewährleistet werden, dass keine Sekunde im Leben verschwendet wird und es damit ein sinnvolles Leben ist. Verweilen im Hier und Jetzt fällt Menschen mit diesem Angstmerkmal schwer, der Blick ist immer in die Zukunft gerichtet: Was ist noch zu tun? Was ist morgen? Was ist in einem Monat? Warten ist für sie wahre Folter. Sie wirken oft angespannt und unruhig. Zeit ist ein kostbares Gut, darum wird versucht, möglichst viele Dinge parallel zu tun.

Wenn man sich diese 7 Ängste ansieht, möchte man am liebsten keine davon haben. Wer will sich schon wertlos oder unzulänglich fühlen? Wer mag schon gerne zugeben, dass er leicht verletzbar ist? Und gierig zu sein klingt ja nun wirklich nicht schön. Oft fällt es uns nicht leicht, uns die eigenen Ängste einzugestehen – ja überhaupt, sie zu erkennen. Bis ich meine Seelenmatrix kannte, hätte ich von mir nie gedacht, ungeduldig zu sein. Mittlerweile frage ich mich, wie ich je etwas anderes denken konnte.

Im Zusammenhang mit dem Thema Angst gibt es aber auch zwei gute Nachrichten: Erstens, jeder Mensch hat sie, und ist es nicht tröstlich zu wissen, damit nicht alleine zu sein? Und zweitens können wir lernen besser und bewusster mit unseren Ängsten umzugehen, und ihnen so etwas von ihrem Automatismus nehmen. Ganz los werden wir sie nie, wir lassen uns dann aber nicht mehr so häufig von ihnen zu Dingen verleiten, die wir so doch eigentlich gar nicht wollen.

Warum merken wir also nicht immer, dass unsere Ängste gerade den Ton angeben? Tja, sie sind raffiniert und sehr erfinderisch darin, uns immer wieder auf neue Art herauszufordern. Und, sie sind für uns einfach so normal, Teil unseres Wesens, unseres Charakters und der Art, wie wir der Welt begegnen, sodass wir einfach nicht auf die Idee kommen würden, dass sie uns vielleicht manchmal auch in eine ganz falsche Richtung lenken.

 

Empfohlene Literatur

Nähere Information zu den seelischen Urängsten gibt es in den Büchern von Varda Hasselmann und Frank Schmolke: Archetypen der Seele und Die 7 Archetypen der Angst (beide im Goldmann Verlag erschienen).

 

Was ist meine Grundangst?

 

Das Kartenset „Was treibt mich an? – Erkenntniskarten zu den 7 Urängsten der Archetypen der Seele®, erschienen im animea-verlag unterstützt Dich darin, es herauszufinden.

 

 

 

Erstellt am 23. Februar 2021